Adventskalender 2023, Türchen #9
Verfasst: Samstag 9. Dezember 2023, 06:41
Lasst uns froh und munter sein!
Ich freue mich, Teil dieser tollen Gemeinschaft zu sein, zu der jede und jeder seinen größeren oder kleineren Teil beiträgt und sei es nur als Geschichte aus dem Leben zur Freude der Leser.
So eine kleine Geschichte oder besser Tradition möchte ich heute erzählen.
Über die Anfänge in einem kleinen ostniedersächsischen Dorf gehen die Meinungen auseinander. Sicher scheint zu sein, dass die Feuerwehrkameraden vor bald 50 Jahren wohl mit der Tradition anfingen und daher darf das Feuerwehrgerätehaus heute immer noch genutzt werden.
Aber wofür denn nun?
Nun - alles beginnt in jedem Jahr neu am 1. Freitag im November, wenn der OBW in seine Hütte lädt.
Dann herrscht nämlich Anwesenheitspflicht zur Putz- und Flickstunde. Während diese wohl in früheren Jahren ihrem Namen durchaus gerecht wurde, geht es heute vor allem darum, die anstehenden Termine abzustimmen, auf engstem Raum gemeinsam zu singen, klönen, essen und trinken.
Und alle paar Jahre kommt es vor, dass ein Neuer eingeladen wird.
Bei mir war das vor 12 Jahren der Fall.
Es war ein kalter Novemberfreitagabend, der wenige Monate alte Erstgeborene lag weit nach neun Uhr auf meinem Arm und bekam sein Gutenachtfläschen. Die holde Gattin lag im warmen Wohnzimmer auf dem Sofa und alles schien zu einem ruhigen Ende zu kommen. Bis, ja bis das Telefon klingelte. Ich möge doch bitte sofort zur Hütte kommen.
Welche Hütte und wozu denn?
Komm einfach!
So übergab ich (wenn auch leicht genervt ob der späten Störung) den Kleinen an die Mutter und zog durch den nasskalten Abend durchs Dorf. Schon von außen hörte man erregte Männerstimmen und ein beherztes "Lasst uns froh und munter sein" klang aus durstigen Kehlen.
Bedingt Gutes ahnend erscholl mir ein großes Hallo entgegen und durch die rauchgeschwängerte Luft (jaja, das war damals durchaus noch üblich, dass die Bude qualmvoll war) wurde mir die Tradition der
Tülauer Weihnachtsmänner
bekannt gemacht.
Diese Runde besteht aus mehr oder weniger einem Dutzend Männern, die jedes Jahr am Wochenende nach Nikolaus mit der Pferdekutsche durchs Dorf fahren und den Kindern Geschenke überbringen.
Am Freitagabend vor dem großen Tag wird gemeinsam die Kutsche geschmückt und anschließend mit der benachbarten Weihnachtsmännergilde gesungen und gefachsimpelt über die Geschichten der letzten Jahre.
Das Feuerwehrgerätehaus dient am Samstagvormittag den Eltern / Großeltern dazu, die Geschenke vorab abzugeben, sodass sie dann auch schön vom Weihnachtsmann aus dem großen Sack heraus an die kleinen Knirpse übergeben werden können.
Alljährlich spielt das Geschenkelotto ein wesentlicher Aspekt der Runde, geht es doch um die Frage, wie viele Geschenke es denn werden könnten. Leider zeigt es sich auch bei dieser Tradition, dass viele Eltern kein Interesse mehr zeigen und den Kindern keine kleine Freude machen. Waren es zu Hochzeiten weit über hundert Geschenke, so sind es heute nicht mal mehr die Hälfte. Kinder im Dorf gäbe es genung und Kinder, denen wir spontan im Dorf begegnen, ist die Freude anzusehen. Aber wenn sie merken, dass wir sie nicht Zuhause besuchen kommen, die Enttäuschung auch anzumerken. Den Eltern scheint der "Aufwand" aber zu hoch zu sein, erzählen selbst aber, wie toll das damals war, als der Weihnachtsmann kam. Nun ja ...
So bleibt mehr Zeit für die einzelnen Kinder und jedes Jahr ist natürlich die Spannung der Kleinen zu erkennen. Doch auch für den Weihnachtsmann ist nie ganz klar, wie gut der Kontakt sein wird. Vom nicht-hinter-dem-Sofa-hervorkommenden-Heuler bis zum Du-bist-doch-gar-nicht-echt-oder-Knaben ist immer alles dabei. Vom schrägen unmotivierten Kurzgedicht bis zum abendfüllenden Ovatorium gibt es die ganze Bandbreite kinderkünsterlischen Schaffens. Besonders schön ist es immer, wenn draußen kalte Minusgrade herrschen und dann der Weihnachtsmann zu vier Kindern an den heißen Kachelofen gebeten (und dort zum Brathähnchen) wird.
Der Abend endet immer bei Grünkohl, Bregenwurst und Kartoffeln und weil das so Tradition ist, bleibt das auch so.
Unterm Strich sind die Tülauer Weihnachtsmänner eine kleine, aber feine Gruppe, die so nur einmal im Jahr zusammenkommt und sich selbst bei ganz wenigen Kindern und Geschenken viel Mühe gibt, um den lieben Kleinen eine Freude zu machen.
Tülauer Weihnachtsmann bleibt man lebenslang und selbst wenn ich heute nicht mehr in Tülau wohne, so ist es ein fester Bestandteil meines Jahreskalender, am Samstag nach Nikolaus mit den Weihnachtsmännern durch Tülau zu fahren, um die Kinder zu beschenken.
Möge die Tradition noch lange bewahrt bleiben!
Ich hoffe, Euch mit dieser Geschichte etwas das Herz erwärmt zu haben und während Ihr das hier lest, bereiten sich die Weihnachtsmänner auf den nächsten Einsatz vor, denn heute ist der Samstag nach Nikolaus.
Es grüßt mit einem "Lasst uns froh und munter sein"
Markus
Ich freue mich, Teil dieser tollen Gemeinschaft zu sein, zu der jede und jeder seinen größeren oder kleineren Teil beiträgt und sei es nur als Geschichte aus dem Leben zur Freude der Leser.
So eine kleine Geschichte oder besser Tradition möchte ich heute erzählen.
Über die Anfänge in einem kleinen ostniedersächsischen Dorf gehen die Meinungen auseinander. Sicher scheint zu sein, dass die Feuerwehrkameraden vor bald 50 Jahren wohl mit der Tradition anfingen und daher darf das Feuerwehrgerätehaus heute immer noch genutzt werden.
Aber wofür denn nun?
Nun - alles beginnt in jedem Jahr neu am 1. Freitag im November, wenn der OBW in seine Hütte lädt.
Dann herrscht nämlich Anwesenheitspflicht zur Putz- und Flickstunde. Während diese wohl in früheren Jahren ihrem Namen durchaus gerecht wurde, geht es heute vor allem darum, die anstehenden Termine abzustimmen, auf engstem Raum gemeinsam zu singen, klönen, essen und trinken.
Und alle paar Jahre kommt es vor, dass ein Neuer eingeladen wird.
Bei mir war das vor 12 Jahren der Fall.
Es war ein kalter Novemberfreitagabend, der wenige Monate alte Erstgeborene lag weit nach neun Uhr auf meinem Arm und bekam sein Gutenachtfläschen. Die holde Gattin lag im warmen Wohnzimmer auf dem Sofa und alles schien zu einem ruhigen Ende zu kommen. Bis, ja bis das Telefon klingelte. Ich möge doch bitte sofort zur Hütte kommen.
Welche Hütte und wozu denn?
Komm einfach!
So übergab ich (wenn auch leicht genervt ob der späten Störung) den Kleinen an die Mutter und zog durch den nasskalten Abend durchs Dorf. Schon von außen hörte man erregte Männerstimmen und ein beherztes "Lasst uns froh und munter sein" klang aus durstigen Kehlen.
Bedingt Gutes ahnend erscholl mir ein großes Hallo entgegen und durch die rauchgeschwängerte Luft (jaja, das war damals durchaus noch üblich, dass die Bude qualmvoll war) wurde mir die Tradition der
Tülauer Weihnachtsmänner
bekannt gemacht.
Diese Runde besteht aus mehr oder weniger einem Dutzend Männern, die jedes Jahr am Wochenende nach Nikolaus mit der Pferdekutsche durchs Dorf fahren und den Kindern Geschenke überbringen.
Am Freitagabend vor dem großen Tag wird gemeinsam die Kutsche geschmückt und anschließend mit der benachbarten Weihnachtsmännergilde gesungen und gefachsimpelt über die Geschichten der letzten Jahre.
Das Feuerwehrgerätehaus dient am Samstagvormittag den Eltern / Großeltern dazu, die Geschenke vorab abzugeben, sodass sie dann auch schön vom Weihnachtsmann aus dem großen Sack heraus an die kleinen Knirpse übergeben werden können.
Alljährlich spielt das Geschenkelotto ein wesentlicher Aspekt der Runde, geht es doch um die Frage, wie viele Geschenke es denn werden könnten. Leider zeigt es sich auch bei dieser Tradition, dass viele Eltern kein Interesse mehr zeigen und den Kindern keine kleine Freude machen. Waren es zu Hochzeiten weit über hundert Geschenke, so sind es heute nicht mal mehr die Hälfte. Kinder im Dorf gäbe es genung und Kinder, denen wir spontan im Dorf begegnen, ist die Freude anzusehen. Aber wenn sie merken, dass wir sie nicht Zuhause besuchen kommen, die Enttäuschung auch anzumerken. Den Eltern scheint der "Aufwand" aber zu hoch zu sein, erzählen selbst aber, wie toll das damals war, als der Weihnachtsmann kam. Nun ja ...
So bleibt mehr Zeit für die einzelnen Kinder und jedes Jahr ist natürlich die Spannung der Kleinen zu erkennen. Doch auch für den Weihnachtsmann ist nie ganz klar, wie gut der Kontakt sein wird. Vom nicht-hinter-dem-Sofa-hervorkommenden-Heuler bis zum Du-bist-doch-gar-nicht-echt-oder-Knaben ist immer alles dabei. Vom schrägen unmotivierten Kurzgedicht bis zum abendfüllenden Ovatorium gibt es die ganze Bandbreite kinderkünsterlischen Schaffens. Besonders schön ist es immer, wenn draußen kalte Minusgrade herrschen und dann der Weihnachtsmann zu vier Kindern an den heißen Kachelofen gebeten (und dort zum Brathähnchen) wird.
Der Abend endet immer bei Grünkohl, Bregenwurst und Kartoffeln und weil das so Tradition ist, bleibt das auch so.
Unterm Strich sind die Tülauer Weihnachtsmänner eine kleine, aber feine Gruppe, die so nur einmal im Jahr zusammenkommt und sich selbst bei ganz wenigen Kindern und Geschenken viel Mühe gibt, um den lieben Kleinen eine Freude zu machen.
Tülauer Weihnachtsmann bleibt man lebenslang und selbst wenn ich heute nicht mehr in Tülau wohne, so ist es ein fester Bestandteil meines Jahreskalender, am Samstag nach Nikolaus mit den Weihnachtsmännern durch Tülau zu fahren, um die Kinder zu beschenken.
Möge die Tradition noch lange bewahrt bleiben!
Ich hoffe, Euch mit dieser Geschichte etwas das Herz erwärmt zu haben und während Ihr das hier lest, bereiten sich die Weihnachtsmänner auf den nächsten Einsatz vor, denn heute ist der Samstag nach Nikolaus.
Es grüßt mit einem "Lasst uns froh und munter sein"
Markus