Über die Mehlbeere und andere "Hölzer des Jahres"
Verfasst: Dienstag 21. November 2023, 19:23
Es gibt noch gute Nachrichten. Eine lautet: Die Mehlbeere (Sorbus aria) wird „Baum des Jahres 2024“. Na und? Für in Holz verliebte Menschen ist dies eine erfreuliche Nachricht, weil damit wieder ein wichtiger Baum aus dem Schatten des kranken deutschen Forstes geholt wird. Um dies verdeutlichen, muss ich ein wenig ausholen. Ende des vorigen Jahrhunderts stellten Förster, Dendrologen und Hobbyhandwerker wie ich fest, dass bestimmte Baumarten verschwinden, aus dem Wald und aus dem Bewusstsein der Menschen. Das war 1993 als der Speierling (Sorbus domestica) zum bedrohten „Baum des Jahres“ erklärt wurde. Ein Jahr später gründete sich der Förderkreis Speierling, unterstützt von dem Frankfurter Apfelwein-Kelterer Günther Possmann und dem Göttinger Forstwissenschaftler Wedig Kausch-Blecken von Schmeling. Ich war auch dabei, vor allem weil mich das sanft-harte Holz des Baumes faszinierte. In der Folge trafen sich in Deutschland und weiteren mitteleuropäischen Ländern regelmäßig Baumfreude mit dem Ziel, die Reproduktion des Speierlings zu fördern. Vor zehn Jahren konnte bei einem Treffen im Elsass mit Stolz verkündet werden: Der Speierling hat eine Zukunft.
Zusammen mit dem Speierling wurde auch in Baumschulen und Forstbehörden Werbung gemacht für die Sorbus-Verwandten des Speierlings, also für die Elsbeere (Sorbus torminalis), die Vogelbeere (Sorbus aucuparia) und die Mehlbeere. Die Arbeit hat sich offensichtlich gelohnt. Vor dem Hintergrund der Zerstörung unserer Wälder als Folge der Klimaerwärmung planen immer mehr Förster, die hier genannten Baumarten in den neu aufzubauenden Mischwäldern zu pflanzen. Das ist eine wirklich nachhaltige Planung für das Jahr 2124, das niemand von uns mehr erleben wird.
Die Erklärung der Mehlbeere zum „Baum des Jahres 2024“ empfinde ich als Bestätigung aller bisherigen Bemühungen, wertvolle Schätze der Natur zu erkennen, zu pflegen und zu erhalten.
Das gilt übrigens auch für den Baumhasel. Das ist ein weithin unbekannter, gleichwohl prächtiger Baum, der nicht nur Nüsse liefert, sondern auch ein vorzügliches helles Holz für den Innenausbau und edle Möbel. Im mittelhessischen Forst der Stadt Lich hat schon vor über zwei Jahrzehnten ein mutiger Förster viele Baumhasel in den Boden gesetzt. In 50 Jahren dürften sich Tischler und Drechsler über das Holz freuen.
Der konkrete Anlass für diese Zeilen ist meine neue Liebschaft für einen Baum, der in den USA zu Hause ist, aber längst in vielen Ländern mit gemäßigtem Klima Wurzeln geschlagen hat. Ich meine den Tulpenbaum mit dem zungenweichen Namen Liriodendron tulipifera. Wie alle in diesem Text genannten Bäume zählt auch er zu den Bäumen, denen Ökologen eine Wachstums- und Überlebenschance in einem sich unaufhaltsam veränderndem Klima einräumen. Noch gedeiht der Tulpenbaum bei uns in Europa nur in Parks oder privaten Gärten, wo er im Sommer prächtige Blüten entwickelt und im Herbst sehr spät seine leuchtend gelben Blätter abwirft. Sein Stammholz ist homogen, hell und gut zu hobeln und zu schneiden. In den USA zählt der Tulpenbaum unter dem Namen Poplar als populäres Holz für fast alle Zwecke. Uns Drechslern empfehle ich im Falle eines Angebotes sofort zuzugreifen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei uns ein solcher Baum den Tod durch eine Kettensäge erleidet ist nicht gering. Diese Baumart wächst sehr schnell, wird sehr hoch und damit zu einer Gefahr für Haus und Garten. In seinem Heimatland wird der Tulpenbaum bis zu 55 Meter hoch mit einem Stammdurchmesser von 150 cm.
In meinem Plädoyer für den Tulpenbaum schließe ich auch Ginkgo biloba als ein Gewächs aus der frühen Erdzeit mit ein. Dessen Holz verführt uns Drechsler ebenfalls mit seinen technischen und ästhetischen Qualitäten. Und im Übrigen: Was spricht denn dagegen, wenn in den künftigen Wäldern des Taunus oder Hunsrücks neben Buche, Eiche und Ahorn auch noch essbare Früchte tragende Sorbus-Arten in Nachbarschaft mit Baumhasel und Ginkgo gedeihen...?
Grüße an alle von Peter Gwiasda
Hier einige Beispiele von Werken aus Tulpenbaum: Schale aus gestocktem Holz (d 270 mm h 145 mm), Schale aus unverpilztem Holz (d 250 mm und h 120 mm), jeweils ohne "Behandlung" mit irgendwas und Rennautos für Kinderkarussell mit Rädern und Rahmen komplett aus Tulpenbaum:
Zusammen mit dem Speierling wurde auch in Baumschulen und Forstbehörden Werbung gemacht für die Sorbus-Verwandten des Speierlings, also für die Elsbeere (Sorbus torminalis), die Vogelbeere (Sorbus aucuparia) und die Mehlbeere. Die Arbeit hat sich offensichtlich gelohnt. Vor dem Hintergrund der Zerstörung unserer Wälder als Folge der Klimaerwärmung planen immer mehr Förster, die hier genannten Baumarten in den neu aufzubauenden Mischwäldern zu pflanzen. Das ist eine wirklich nachhaltige Planung für das Jahr 2124, das niemand von uns mehr erleben wird.
Die Erklärung der Mehlbeere zum „Baum des Jahres 2024“ empfinde ich als Bestätigung aller bisherigen Bemühungen, wertvolle Schätze der Natur zu erkennen, zu pflegen und zu erhalten.
Das gilt übrigens auch für den Baumhasel. Das ist ein weithin unbekannter, gleichwohl prächtiger Baum, der nicht nur Nüsse liefert, sondern auch ein vorzügliches helles Holz für den Innenausbau und edle Möbel. Im mittelhessischen Forst der Stadt Lich hat schon vor über zwei Jahrzehnten ein mutiger Förster viele Baumhasel in den Boden gesetzt. In 50 Jahren dürften sich Tischler und Drechsler über das Holz freuen.
Der konkrete Anlass für diese Zeilen ist meine neue Liebschaft für einen Baum, der in den USA zu Hause ist, aber längst in vielen Ländern mit gemäßigtem Klima Wurzeln geschlagen hat. Ich meine den Tulpenbaum mit dem zungenweichen Namen Liriodendron tulipifera. Wie alle in diesem Text genannten Bäume zählt auch er zu den Bäumen, denen Ökologen eine Wachstums- und Überlebenschance in einem sich unaufhaltsam veränderndem Klima einräumen. Noch gedeiht der Tulpenbaum bei uns in Europa nur in Parks oder privaten Gärten, wo er im Sommer prächtige Blüten entwickelt und im Herbst sehr spät seine leuchtend gelben Blätter abwirft. Sein Stammholz ist homogen, hell und gut zu hobeln und zu schneiden. In den USA zählt der Tulpenbaum unter dem Namen Poplar als populäres Holz für fast alle Zwecke. Uns Drechslern empfehle ich im Falle eines Angebotes sofort zuzugreifen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei uns ein solcher Baum den Tod durch eine Kettensäge erleidet ist nicht gering. Diese Baumart wächst sehr schnell, wird sehr hoch und damit zu einer Gefahr für Haus und Garten. In seinem Heimatland wird der Tulpenbaum bis zu 55 Meter hoch mit einem Stammdurchmesser von 150 cm.
In meinem Plädoyer für den Tulpenbaum schließe ich auch Ginkgo biloba als ein Gewächs aus der frühen Erdzeit mit ein. Dessen Holz verführt uns Drechsler ebenfalls mit seinen technischen und ästhetischen Qualitäten. Und im Übrigen: Was spricht denn dagegen, wenn in den künftigen Wäldern des Taunus oder Hunsrücks neben Buche, Eiche und Ahorn auch noch essbare Früchte tragende Sorbus-Arten in Nachbarschaft mit Baumhasel und Ginkgo gedeihen...?
Grüße an alle von Peter Gwiasda
Hier einige Beispiele von Werken aus Tulpenbaum: Schale aus gestocktem Holz (d 270 mm h 145 mm), Schale aus unverpilztem Holz (d 250 mm und h 120 mm), jeweils ohne "Behandlung" mit irgendwas und Rennautos für Kinderkarussell mit Rädern und Rahmen komplett aus Tulpenbaum: