Die Kolumne für Oktober
Verfasst: Donnerstag 1. Oktober 2020, 09:13
Alles so schön bunt hier...
Von Peter Gwiasda
„Farben sind das Lächeln der Natur“, mit dieser Erkenntnis machte sich der englische Schriftsteller Henry Hunt (1784 bis 1859) über seinen Tod hinaus gegenwärtig. Pascal, ein sympathischer Europäer französischer Zunge mit romantischer Werkstatt an der Atlantikküste, formulierte in einem Beitrag vom November 2008: „Die Farbe ist Mutter Natur“. Prompt quittierte ein leider zu früh verstorbener feinsinniger Drechsler mit dem Foren-Name „Schaber“: „Grüße auch Mutter Natur!“ Weshalb zitiere ich diese Meinungen von Holzwerkern früherer Zeiten? Weil mir auffält, dass sich die Zeiten mal wieder geändert haben.
Was hat sich geändert? Der Respekt vor der unverbesserlichen Schönheit einer fein geschliffenen Holzoberfläche oder die Scheu, eine fein geschliffene Holzoberfläche mit Farbpigmenten zu verändern, zu denaturieren oder zu verfälschen. Immer mehr Hobbydrechsler machen sich auf den Weg, um mit unterschiedlich gebundenen Pigmenten ihnen bislang verwehrte Effekte zu erzielen.
Die Resultate sind Objekte aus Holz, die aussehen, wie aus Stein geschnitten. Nicht immer werden auf der Drechselbank geformte Objekte attraktiver, wenn sie abschließend chemischen Prozessen ausgeliefert werden. Wenn also aus zeitgenössischer Eiche vermittels Salmiakgeist eine Eiche gezaubert wird, die wirken soll wie jene, die vor 11000 Jahren vom Gletscher-Schmelzwasser verwirbelt und schließlich tief im Urstromtal der Lahn versenkt wurde.
Meine Botschaft an dieser Stelle ist mal wieder die Erinnerung an Fritz Spannagels Ratschlag, die zugleich eine Mahnung ist: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister“. Die auffällige Lust der Drechsler, mit Farben und holzfremden Materialien wie Epoxidharz zu experimentieren, erinnert mich fatal an die Handwerker der Spätrenaissance, des Barocks und der Kaiserzeit. Diese meinten, dass die Kunst vom Können alleine käme. Sie haben mit technischen Spielereien und sinn- und nutzlosen Kuriosiäten die „edle Drechslerkunst“ (Originalzitat Spannagel) lächerlich gemacht.
Also, übertreiben wir es nicht mit unpassenden Applikationen, Schnitzereien, gefrästen Strukturen, Brandmalereien und elektrischen Verzierungen, die keinen Sinn machen, allenfalls für den Drechsler riskant sind. Diesen Satz versehe ich nicht mit einem Frage-, sondern mit einem Ausrufezeichen. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir zwar keinen politischen, aber einen ästhetischen Seitenhieb auf unsere angelsächsischen Drechslerfreunde, die es immer wieder schaffen, alle nur denkbaren Formen, Materialien, Techniken und Farben in einem Objekt zu vereinen. Scheußlich, aber technisch makellos.
Ein außergewöhnlich fleißiger und talentierter Drechsler, in deutschen Foren bekannt unter dem Namen „Joschone“, präsentierte im Mai 2020 eine elegante Vase aus Ahorn mit dem Kommentar: „Sie braucht keine Farbe“. Das klingt überraschend, flutet er doch in jüngster Zeit die Szene eifrig mit Holzobjekten, die mit Farben vermeintlich veredelt wurden. Man sieht, wir Drechsler sind experimentierfreudig, aber auch indifferent und manchmal ambivalent.
Damit ich nicht missverstanden werde: die ebenso erfolgreichen wie erfrischenden Werke von Christine W. schließe ich von meiner Philippika aus. Ich bewerte ihre Objekte nicht als gedrechselt, sondern als gezielt gestaltet mittels gepresster Luft und Sandkörnern.
Ich wünsche mir eine lebhafte Debatte und bekräftige meine Bereitschaft, auch heftigen Widerspruch klaglos und unbeschadet zu ertragen.
Denn mal los, damit Leben in die Bude kommt!
Von Peter Gwiasda
„Farben sind das Lächeln der Natur“, mit dieser Erkenntnis machte sich der englische Schriftsteller Henry Hunt (1784 bis 1859) über seinen Tod hinaus gegenwärtig. Pascal, ein sympathischer Europäer französischer Zunge mit romantischer Werkstatt an der Atlantikküste, formulierte in einem Beitrag vom November 2008: „Die Farbe ist Mutter Natur“. Prompt quittierte ein leider zu früh verstorbener feinsinniger Drechsler mit dem Foren-Name „Schaber“: „Grüße auch Mutter Natur!“ Weshalb zitiere ich diese Meinungen von Holzwerkern früherer Zeiten? Weil mir auffält, dass sich die Zeiten mal wieder geändert haben.
Was hat sich geändert? Der Respekt vor der unverbesserlichen Schönheit einer fein geschliffenen Holzoberfläche oder die Scheu, eine fein geschliffene Holzoberfläche mit Farbpigmenten zu verändern, zu denaturieren oder zu verfälschen. Immer mehr Hobbydrechsler machen sich auf den Weg, um mit unterschiedlich gebundenen Pigmenten ihnen bislang verwehrte Effekte zu erzielen.
Die Resultate sind Objekte aus Holz, die aussehen, wie aus Stein geschnitten. Nicht immer werden auf der Drechselbank geformte Objekte attraktiver, wenn sie abschließend chemischen Prozessen ausgeliefert werden. Wenn also aus zeitgenössischer Eiche vermittels Salmiakgeist eine Eiche gezaubert wird, die wirken soll wie jene, die vor 11000 Jahren vom Gletscher-Schmelzwasser verwirbelt und schließlich tief im Urstromtal der Lahn versenkt wurde.
Meine Botschaft an dieser Stelle ist mal wieder die Erinnerung an Fritz Spannagels Ratschlag, die zugleich eine Mahnung ist: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister“. Die auffällige Lust der Drechsler, mit Farben und holzfremden Materialien wie Epoxidharz zu experimentieren, erinnert mich fatal an die Handwerker der Spätrenaissance, des Barocks und der Kaiserzeit. Diese meinten, dass die Kunst vom Können alleine käme. Sie haben mit technischen Spielereien und sinn- und nutzlosen Kuriosiäten die „edle Drechslerkunst“ (Originalzitat Spannagel) lächerlich gemacht.
Also, übertreiben wir es nicht mit unpassenden Applikationen, Schnitzereien, gefrästen Strukturen, Brandmalereien und elektrischen Verzierungen, die keinen Sinn machen, allenfalls für den Drechsler riskant sind. Diesen Satz versehe ich nicht mit einem Frage-, sondern mit einem Ausrufezeichen. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir zwar keinen politischen, aber einen ästhetischen Seitenhieb auf unsere angelsächsischen Drechslerfreunde, die es immer wieder schaffen, alle nur denkbaren Formen, Materialien, Techniken und Farben in einem Objekt zu vereinen. Scheußlich, aber technisch makellos.
Ein außergewöhnlich fleißiger und talentierter Drechsler, in deutschen Foren bekannt unter dem Namen „Joschone“, präsentierte im Mai 2020 eine elegante Vase aus Ahorn mit dem Kommentar: „Sie braucht keine Farbe“. Das klingt überraschend, flutet er doch in jüngster Zeit die Szene eifrig mit Holzobjekten, die mit Farben vermeintlich veredelt wurden. Man sieht, wir Drechsler sind experimentierfreudig, aber auch indifferent und manchmal ambivalent.
Damit ich nicht missverstanden werde: die ebenso erfolgreichen wie erfrischenden Werke von Christine W. schließe ich von meiner Philippika aus. Ich bewerte ihre Objekte nicht als gedrechselt, sondern als gezielt gestaltet mittels gepresster Luft und Sandkörnern.
Ich wünsche mir eine lebhafte Debatte und bekräftige meine Bereitschaft, auch heftigen Widerspruch klaglos und unbeschadet zu ertragen.
Denn mal los, damit Leben in die Bude kommt!