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Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Dienstag 31. März 2020, 20:08
von Peter G
Hallo Baumfreunde,

seit über 40 Jahren pflege und beernte ich eine Streuobstwiese direkt am Waldrand, sie ist bestückt mit jungen, mittelalten und sehr alten Obstbäumen. Darunter stehen auch einige Apfelbäume der in Hessen häufigen Sorte Anhalter. Sie heißen angeblich so, weil sich deren Äpfel sehr lange am Zweig halten. Die ältesten Apfelbäume sind zwischen 80 und 100 Jahre alt und dank meiner Pflege (Achtung Selbstlob!) vital. Diese wunderbaren Bäume haben in ihrem Leben allein mir Früchte für etliche tausend Liter Apfelsaft und Apfelwein und andere Köstlichkeiten geliefert. Nur einer dieser alten hochstämmigen Riesen hat sich vor drei Jahren endgültig verabschiedet, er starb im trockenen Hochsommer. Sein Tod war früh erkennbar, er war schon hohl, Kinder nutzten seinen Stamm als Trommel und weit oben etliche Singvögel die vom Specht gehämmerten Wohnungen. Und jetzt hat der jüngste Sturm diese Baumleiche flach gelegt.
Die Rinde ließ sich leicht entfernen, zum Vorschein kam eine dünne Schicht noch festen Holzes und somit insgesamt ein Gegenstand, den wir Drechsler als Hohlkörper bezeichnen. Seine Oberfläche ist stark strukturiert, vernarbt, verwachsen und kennzeichnet von den Fraßgängen unterschiedlicher Böcke. Faszinierend finden die meisten Menschen staunend dieses in Jahrzehnten gewachsene und später von Insekten und Pilzen vollendete Objekt.

Und jetzt stehe ich täglich vor diesem Kunstwerk und staune. Und weiß immer noch nicht, was ich aus ihm mache, ob ich es artifiziell verändere und verwerte oder einfach respektvoll unberührt so lasse.
Eine erlösende Idee kam mir heute. Ich bitte meine Drechslerkollegen hiermit um kreative Vorschläge.
Ich danke im Voraus und grüße freundlich

Peter Gwiasda

P.S. Der Torso ist 85 Zentimeter hoch und zwischen 35 und 40 Zentimter im Durchmesser.

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Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Dienstag 31. März 2020, 20:25
von badener
Hallo Peter,

ich mache es mir als Jungspund in der Drechslerszene einfach, - ich würde aus Achtung vor so `nem Exemplar, das dir so viel gegeben hat, und so viele Erinnerungen
noch darin stecken, nimm deine letzte Überlegung in deinem Text, - nicht verwerten und respektvoll unberührt lassen.

Gruß Fritz

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Dienstag 31. März 2020, 20:30
von RabelNils
Hallo Peter,
Sehr schöner Stamm.
Ich würde ihn als Gartendecko verwenden, bzw. als Blumenkasten verwenden oder Hochbeet.

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Dienstag 31. März 2020, 20:35
von bioschreiner
Lass ihn so

Es ist ja schon eine Trommel.

Grüße vom Bio
uwe

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Dienstag 31. März 2020, 22:25
von Drechselfieber
Mach es wie Herr Wagensonner, putze ihn von innen und lass ihm sein wunderbares
Kleid. Vielleicht ein wenig Leinöl, um ihn etwas herauszuputzen.

Gönn ihm eine schöne verwitterte, eiserne Fussplatte und lass ihn irgendwo
die Menschen verzaubern.

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Mittwoch 1. April 2020, 05:30
von c.w.
hallo Peter

ein schönes Stück mit Geschichte.
ich würde es in den Garten stellen
und schön finden.
Ihr könnt ihn bei der nächsten Gartenfeier als Stehtisch
nutzen und danach wieder einfach nur schön finden.

liebe grüße christine

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Mittwoch 1. April 2020, 06:17
von Mr. Wood
Moin Peter,

ich würde keinesfalls etwas verändern, so wie er ist ins Wohnzimmer und von innen beleuchten.

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Mittwoch 1. April 2020, 06:45
von Meterstab
Hallo Peter,

Bin gerade begeistert von Deiner Hochachtung vor dem Holz und seiner Geschichte.

Ich würde da auch wenig machen...wenn es drinnen einen schönen Platz dafür gibt? Da könnte noch die eine oder andere Larve schlüpfen (bei mir so mit einer leicht gestockten Birke passiert) - ist aber undramatisch. Mit dem Glas einfangen, Fenster auf...

Vielleicht etwas Beleuchtung? Also jetzt nicht so Disney LEDs, irgendwas dezentes?

Ich nehm mir auch gerne 'Fundstücke' mit nach Hause. Einige bleiben...



Gruß,

Surjan
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Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Mittwoch 1. April 2020, 10:47
von Woifi
Jeder kreativ arbeitender, oder schaffender Mensch kennt die Frage: :red: :red:
Ist das jetzt fertig, muss ich noch was ändern, oder verbessern, oder lass ich es so wie es jetzt ist, weil es nicht mehr (von mir)
zu verbessern geht :red: :red: oder verpfusche ich es gar :baum: :baum: :baum:
Da bin ich mit der Mehrheit, auch mit der schweigenden :Pokal: :respekt:
reinigen und in der Substanz so lassen wie es ist. Eventuell lose Teile abbürsten und auch,
vielleicht als Säule :prost: für irgend etwas verwenden, Glasplatte drauf oder ähnliches.
Passt auf Euch auf und bleibt gesund :danke: :danke:
herzliche Grüße
Woifi

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Mittwoch 1. April 2020, 18:13
von Faulenzer
Peter,

wie ich dich kenne wolltest du doch gar nichts damit machen.

Nur in den Garten stellen und jeden Tag dran erfreuen. Mehr geht nicht.

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Donnerstag 2. April 2020, 12:36
von Erick
Hallo Peter
Zu Deinem schönen Stammstück habe ich jetzt keine passende Idee, auf alle Fälle gut aufheben, so lassen wie es ist, oft kommt später ein guter Gedanke zu einem alten Schatz.Beim lesen der Überschrift zu Deinem Beitrag dachte ich sofort an das Lied von Alexandra, Mein Freund der Baum ist tot , für mich noch immer ein Gänsehauttitel !
Gruß Erick

Re: Der alte Baum, mein Freund, ist tot

Verfasst: Sonntag 5. April 2020, 20:25
von Peter G
Liebe Baum- und Holzfreunde,

in reichem Maße habt ihr den von mir erbetenen Rat zum weiteren Schicksal der Apfelbaumleiche gespendet. Dafür bedanke ich mich. Die Mehrheit empfiehlt mir, der Natur nicht ins Handwerk zu pfuschen. Daran werde ich mich halten. Drei Entscheidungen habe ich bereits getroffen:
1. Der hohle Baumstamm wird jetzt behutsam im Schatten und ohne Luftzug trocknen. Damit beende ich den weiteren natürlichen Zerstörungprozess durch Braun- und Weißfäulepilze.
2. Der Stamm bleibt im Haus oder "unter Dach".
3. Der Stamm wird senkrecht stehen, wie viele Jahrzehnte in seiner vitalen Zeit.

Und im Herbst oder später werde ich mal ein bisschen spielen - mit einer rostigen Metallscheibe als Standhilfe, mit einer runden Glasscheibe oben, mit einer weiteren Glasscheibe im unteren Drittel für alles Mögliche (Gläser, Flaschen oder so).

Alles ist noch offen. Ich verspreche, das Resultat eurem ebenso gnadenlosen wie kompetenten Urteil auszuliefern.

Grüße von Peter Gwiasda


Wie tröstlich, dass auch unsere Erde nicht wirklich rund ist.