Adventskalender Türchen 3
Verfasst: Sonntag 3. Dezember 2023, 11:22
Zum Advent, der Zeit zur Einkehr und Ruhe
Seit über einem Jahrzehnt war ich zur Adventszeit nicht mehr in Deutschland. Damals war es für mich immer eine sehr arbeitsreiche und stressige Zeit, die erst am Heiligabend zum späten Nachmittag oder erst abends endete. Dann noch schnell einen Weihnachtsbaum schlagen, platzieren und schmücken mit 12 Kerzen, Strohsternen und ein paar Kugeln und dann Ruhe einkehren lassen.
Nun, „leider“ bin ich in Portugal und da ich nichts weihnachtlich gedrechseltes vorzuweisen habe, berichte ich aus meiner rein subjektiven Sicht ein wenig von hier und der Adventszeit im Alentejo, so wie wir sie ganz individuell erleben. - und zwar vom Landleben. Wie es die Menschen in den Städten erleben, weiß ich nicht so recht, da fehlt mir die Erfahrung.
Vielleicht zur Einstimmung ein paar langweilige statistische Daten zum Land und der Region: Portugal ist christlich-katholisch geprägt. Menschen in Portugal, die nicht einer christlichen Religion angehören, also Muslime, Hindus, Juden, Buddhisten, usw. machen in ihrer Summe nicht einmal 1 % der Gesamtbevölkerung aus. Man sollte also annehmen, dass das religiöse christliche Leben deutlich sichtbar ist.
Ist es auch, in Tradition und Bräuchen. Dabei vermischt sich Glauben und Folklore. Hier im sozialistsich/kommunistisch geprägtem Alentejo liegt der Schwerpunkt nach meiner Beobachtung eher auf letzterem.
Feiertage, egal ob staatliche oder kirchliche werden hier nicht so ernst genommen. Da darf gearbeitet werden, oder man hat endlich Zeit, sich um den (Selbstversorger)-Garten zu kümmern. Also wird die Motorsäge für den nötigen Baumschnitt angeschmissen oder der Stihl-Freischneider zu Ostern über das Gelände geführt und Aufwuchs entfernt, damit sich im Sommer nichts entzünden kann.. Das grüne Schnittgut wird dann gleich mit entspr. viel Qualm an Ort und Stelle verbrannt, auch wenn die Nachbarn oder deren Wäsche dabei eingenebelt werden. Da das alle so machen können, stört es auch niemanden.
Die Bevölkerung ist tolerant. Katholische Vorschriften werden auch gerne mißachtet wenn sie der Lebensfreude oder Notwendigkeiten widersprechen. Kleine und große Lebens-Sünden kann man mit ein wenig Reue bei der Beichte oder einem Trip nach Fatima egalisieren.
Da paßt es ins Bild, daß über die Hälfte aller Neugeborenen außerehelich geboren werden, und das obwohl Familie hier einen sehr, sehr hohen Stellenwert hat, aber auch wo Opa und Oma gelegentlich von den Enkeln in der 3. Person angesprochen werden wollen, als Zeichen des Respekts vor der Lebenserfahrung des Alters. Die „Groß“familie ist praktisch jedes Wochenende zusammen, dafür bedarf es keiner Festtage.
Nach diesem subjektiven kurzen ländlichen Gesellschaftgemälde komme ich zurück zum eigentlichen Thema, der Adventszeit.
Wie Ihr erahnen könnt, ist der Advent hier ein Non-Event. Weihnachten ist nicht so wichtig wie Ostern oder Karneval, die Weihnachtszeit wird aber zunehmend vom Kommerz entdeckt.
Seit ein paar Jahren sieht man schlechte Kopien eines dt. Weihnachtsmarktes in den Städten. Auffälliger ist da schon die sehr bunte pompöse Festbeleuchtung an den Hauptstraßen ab dem 1. Advent. Besonders ausgeprägt in den Großstädten und durchaus auch als touristische Attraktion zu bewundern. Energiekosten bzw. dessen „Verschwendung“ spielen überhaupt keine Rolle.
Schließlich ist die Anzahl der Co2-Gläubigen noch gering und hat andere Glaubensrichtungen noch nicht verdrängt, obwohl Presse und Politik stark daran arbeiten.
In manchen Orten sieht man auch an prominenter Stelle eine große Krippe mit vielen Figuren aufgebaut, das aber eher im Norden Portugals, wo die kath. Seele höher schlägt. - -aber nach meinem Empfinden, viel Folklore, auch wenn der eine oder andere mal einen Fußmarsch nach Fatima vornimmt, vermutlich als Gegenmaßnahme zum feucht-fröhlichem Leben in Kombination mit dem einen oder anderen Ausrutscher. Schließlich sind die Portugiesen Weltmeister des pro-Kopf-Verbrauchs beim Weinkonsum und auch in sex. Dingen recht tolerant.
Die Adventszeit soll friedlich stimmen, eine Vorbereitungszeit. Vielleicht ist das in Deutschland wichtiger als hier auf dem Land. Nach dem „Global Peace Index“ zählt Portugal zu den friedlichsten Ländern weltweit mit einem Ranking an 7. Stelle, obwohl hier jeder ein scharfes Messer in der Tasche hat, und oft mehrere Schußwaffen im Schrank oder Auto. Die BRD liegt im Index zwar auch nicht so schlecht, aber an 15. Stelle doch weit abgeschlagen.
Was soll ich sagen: Es ist hier auf dem Land ruhig, relaxed, friedlich. Man geht geruhsam seiner Arbeit nach, auch in aller Regel 6 Tage pro Woche. Da muß man nicht zusätzlich Besinnungsstunden fordern. Die sind vom Naturell aus vorhanden.
Als Ostwestfale verbinde ich natürlich die Advents- und Weihnachtszeit mit miesem Herbstwetter, Frosteinbrüchen, Dauerregen und mit Weihnachten dann die „Erlösung“ zur Wintersonnenwende. All das entfällt hier.
Inzwischen blühen die ersten Felder in leuchtendem Gelb. Wir haben Herbst, der aus ostwestfälisch gewohnter Betrachtung übergangslos ins Frühjahr übergeht. Die Portugiesen sehen das natürlich anders. Für die gibt es Winter, sie haben schließlich auch ein Wort dafür: inverno, was sich fast wie Inferno anhört.
Aber für mich: Die Zitronen fangen an zu blühen. Mit dem Herbstregen sind die Wiesen sattgrün mit den ersten Frühlingsblühern, halt ab Mitte Nov. Die Blütenknospen der Akazien sind dick angeschwollen, der Stechginster schafft gelbes Unterholz in den Wäldern, neben der Baumheide und Erdbeersträuchern. Andere Heidearten sind derzeit längst am blühen so wie der überall wuchernde Rosmarin. Die Mandarinen- und Orangenbäume hängen voller gelb-orangener Bälle. Die Bienen sind fleißig am sammeln. Und bei manchen Tagen liege ich lieber im Halbschatten als in der Sonne.
Was soll ich sagen: Eigentlich ist Advent und Weihnachten hier kein Ereignis. Bis auf die Auslagen der Schaufenster in den Geschäften der größeren Städte. Wäre da nicht das ständig präsente Fernsehen in Cafes und Restaurants, würde ich hier gar nicht mitbekommen, das Adventszeit ist mit all seinen Werbebotschaften.
Auf den Dörfern ist noch der alte sozialistische „Flair“ vorhanden. Es ist alles vorhanden, aber Firmenschilder, Werbung oder gar Leuchtreklame oder Schaufenster sucht man vergebens. Fremde müssen die Einheimischen schon fragen, wo sie etwas finden können, egal ob Einzelhandel oder Werkstätten. Nur die Cafes sind gut sichtbar, wenn ein paar einfache Stühle und Tische an der Straße stehen. Hier wird nichts angepriesen, nicht zum Konsum überredet, wäre da nicht das Fernsehen, das ab Dezember vermehrt Waren und Geschenkideen anpreist. Nach meinem Eindruck leider mit einer Tendenz zu kommerziellen amerikanischen Vorbildern.
Man kann das hier mögen oder auch nicht. Es ist jedenfalls kein Vergleich zu den Gegebenheiten, wie ich es aus Ostwestfalen gewohnt bin.
Eine kleine Einstimmung habe ich dann aber doch noch: Die prächtigen Kiefernzapfen, garniert mit ein paar Erdnüssen. Letztere essen wir, erstere nehmen wir als Anzünder für Grill und Kamin.
Ich wünsche Euch zum 1. Advent ruhige besinnliche Weihnachten im Kreis der Familie mit Frieden im Herzen.
Gruß Dieter
mit einem Weihnachts- Fado zum Ausklang des Beitrags:
Seit über einem Jahrzehnt war ich zur Adventszeit nicht mehr in Deutschland. Damals war es für mich immer eine sehr arbeitsreiche und stressige Zeit, die erst am Heiligabend zum späten Nachmittag oder erst abends endete. Dann noch schnell einen Weihnachtsbaum schlagen, platzieren und schmücken mit 12 Kerzen, Strohsternen und ein paar Kugeln und dann Ruhe einkehren lassen.
Nun, „leider“ bin ich in Portugal und da ich nichts weihnachtlich gedrechseltes vorzuweisen habe, berichte ich aus meiner rein subjektiven Sicht ein wenig von hier und der Adventszeit im Alentejo, so wie wir sie ganz individuell erleben. - und zwar vom Landleben. Wie es die Menschen in den Städten erleben, weiß ich nicht so recht, da fehlt mir die Erfahrung.
Vielleicht zur Einstimmung ein paar langweilige statistische Daten zum Land und der Region: Portugal ist christlich-katholisch geprägt. Menschen in Portugal, die nicht einer christlichen Religion angehören, also Muslime, Hindus, Juden, Buddhisten, usw. machen in ihrer Summe nicht einmal 1 % der Gesamtbevölkerung aus. Man sollte also annehmen, dass das religiöse christliche Leben deutlich sichtbar ist.
Ist es auch, in Tradition und Bräuchen. Dabei vermischt sich Glauben und Folklore. Hier im sozialistsich/kommunistisch geprägtem Alentejo liegt der Schwerpunkt nach meiner Beobachtung eher auf letzterem.
Feiertage, egal ob staatliche oder kirchliche werden hier nicht so ernst genommen. Da darf gearbeitet werden, oder man hat endlich Zeit, sich um den (Selbstversorger)-Garten zu kümmern. Also wird die Motorsäge für den nötigen Baumschnitt angeschmissen oder der Stihl-Freischneider zu Ostern über das Gelände geführt und Aufwuchs entfernt, damit sich im Sommer nichts entzünden kann.. Das grüne Schnittgut wird dann gleich mit entspr. viel Qualm an Ort und Stelle verbrannt, auch wenn die Nachbarn oder deren Wäsche dabei eingenebelt werden. Da das alle so machen können, stört es auch niemanden.
Die Bevölkerung ist tolerant. Katholische Vorschriften werden auch gerne mißachtet wenn sie der Lebensfreude oder Notwendigkeiten widersprechen. Kleine und große Lebens-Sünden kann man mit ein wenig Reue bei der Beichte oder einem Trip nach Fatima egalisieren.
Da paßt es ins Bild, daß über die Hälfte aller Neugeborenen außerehelich geboren werden, und das obwohl Familie hier einen sehr, sehr hohen Stellenwert hat, aber auch wo Opa und Oma gelegentlich von den Enkeln in der 3. Person angesprochen werden wollen, als Zeichen des Respekts vor der Lebenserfahrung des Alters. Die „Groß“familie ist praktisch jedes Wochenende zusammen, dafür bedarf es keiner Festtage.
Nach diesem subjektiven kurzen ländlichen Gesellschaftgemälde komme ich zurück zum eigentlichen Thema, der Adventszeit.
Wie Ihr erahnen könnt, ist der Advent hier ein Non-Event. Weihnachten ist nicht so wichtig wie Ostern oder Karneval, die Weihnachtszeit wird aber zunehmend vom Kommerz entdeckt.
Seit ein paar Jahren sieht man schlechte Kopien eines dt. Weihnachtsmarktes in den Städten. Auffälliger ist da schon die sehr bunte pompöse Festbeleuchtung an den Hauptstraßen ab dem 1. Advent. Besonders ausgeprägt in den Großstädten und durchaus auch als touristische Attraktion zu bewundern. Energiekosten bzw. dessen „Verschwendung“ spielen überhaupt keine Rolle.
Schließlich ist die Anzahl der Co2-Gläubigen noch gering und hat andere Glaubensrichtungen noch nicht verdrängt, obwohl Presse und Politik stark daran arbeiten.
In manchen Orten sieht man auch an prominenter Stelle eine große Krippe mit vielen Figuren aufgebaut, das aber eher im Norden Portugals, wo die kath. Seele höher schlägt. - -aber nach meinem Empfinden, viel Folklore, auch wenn der eine oder andere mal einen Fußmarsch nach Fatima vornimmt, vermutlich als Gegenmaßnahme zum feucht-fröhlichem Leben in Kombination mit dem einen oder anderen Ausrutscher. Schließlich sind die Portugiesen Weltmeister des pro-Kopf-Verbrauchs beim Weinkonsum und auch in sex. Dingen recht tolerant.
Die Adventszeit soll friedlich stimmen, eine Vorbereitungszeit. Vielleicht ist das in Deutschland wichtiger als hier auf dem Land. Nach dem „Global Peace Index“ zählt Portugal zu den friedlichsten Ländern weltweit mit einem Ranking an 7. Stelle, obwohl hier jeder ein scharfes Messer in der Tasche hat, und oft mehrere Schußwaffen im Schrank oder Auto. Die BRD liegt im Index zwar auch nicht so schlecht, aber an 15. Stelle doch weit abgeschlagen.
Was soll ich sagen: Es ist hier auf dem Land ruhig, relaxed, friedlich. Man geht geruhsam seiner Arbeit nach, auch in aller Regel 6 Tage pro Woche. Da muß man nicht zusätzlich Besinnungsstunden fordern. Die sind vom Naturell aus vorhanden.
Als Ostwestfale verbinde ich natürlich die Advents- und Weihnachtszeit mit miesem Herbstwetter, Frosteinbrüchen, Dauerregen und mit Weihnachten dann die „Erlösung“ zur Wintersonnenwende. All das entfällt hier.
Inzwischen blühen die ersten Felder in leuchtendem Gelb. Wir haben Herbst, der aus ostwestfälisch gewohnter Betrachtung übergangslos ins Frühjahr übergeht. Die Portugiesen sehen das natürlich anders. Für die gibt es Winter, sie haben schließlich auch ein Wort dafür: inverno, was sich fast wie Inferno anhört.
Aber für mich: Die Zitronen fangen an zu blühen. Mit dem Herbstregen sind die Wiesen sattgrün mit den ersten Frühlingsblühern, halt ab Mitte Nov. Die Blütenknospen der Akazien sind dick angeschwollen, der Stechginster schafft gelbes Unterholz in den Wäldern, neben der Baumheide und Erdbeersträuchern. Andere Heidearten sind derzeit längst am blühen so wie der überall wuchernde Rosmarin. Die Mandarinen- und Orangenbäume hängen voller gelb-orangener Bälle. Die Bienen sind fleißig am sammeln. Und bei manchen Tagen liege ich lieber im Halbschatten als in der Sonne.
Was soll ich sagen: Eigentlich ist Advent und Weihnachten hier kein Ereignis. Bis auf die Auslagen der Schaufenster in den Geschäften der größeren Städte. Wäre da nicht das ständig präsente Fernsehen in Cafes und Restaurants, würde ich hier gar nicht mitbekommen, das Adventszeit ist mit all seinen Werbebotschaften.
Auf den Dörfern ist noch der alte sozialistische „Flair“ vorhanden. Es ist alles vorhanden, aber Firmenschilder, Werbung oder gar Leuchtreklame oder Schaufenster sucht man vergebens. Fremde müssen die Einheimischen schon fragen, wo sie etwas finden können, egal ob Einzelhandel oder Werkstätten. Nur die Cafes sind gut sichtbar, wenn ein paar einfache Stühle und Tische an der Straße stehen. Hier wird nichts angepriesen, nicht zum Konsum überredet, wäre da nicht das Fernsehen, das ab Dezember vermehrt Waren und Geschenkideen anpreist. Nach meinem Eindruck leider mit einer Tendenz zu kommerziellen amerikanischen Vorbildern.
Man kann das hier mögen oder auch nicht. Es ist jedenfalls kein Vergleich zu den Gegebenheiten, wie ich es aus Ostwestfalen gewohnt bin.
Eine kleine Einstimmung habe ich dann aber doch noch: Die prächtigen Kiefernzapfen, garniert mit ein paar Erdnüssen. Letztere essen wir, erstere nehmen wir als Anzünder für Grill und Kamin.
Ich wünsche Euch zum 1. Advent ruhige besinnliche Weihnachten im Kreis der Familie mit Frieden im Herzen.
Gruß Dieter
mit einem Weihnachts- Fado zum Ausklang des Beitrags: