2010 - Die Vogelkirsche

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Raupenzwerg
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2010 - Die Vogelkirsche

Beitrag von Raupenzwerg »

Hier eine Mitteilung zum Baum des Jahres 2010: die Vogelkirsche - Prunus avium

Vogelkirsche

Gruß Eva
Hasel
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Re: Baum des Jahres 2010 - Die Vogelkirsche

Beitrag von Hasel »

Die Vogelkirsche

Botanisch gehört die Vogelkirsche zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Ihr lateinischer Name Prunus avium L. dokumentiert sie als eine von 430 Arten der Gattung Prunus innerhalb dieser großen Pflanzenfamilie. Unter dem Namen Waldkirsche, Wildkirsche, Süßkirsche ist sie ebenso bekannt.
Sie ist nicht gerade selten, aber eher unauffällig. Im Frühjahr, von April bis Mai allerdings, ist sie unübersehbar: Mit einer Fülle schneeweißer Blüten geschmückt ragt sie fast aus jedem Waldbestand hervor.

Biologie

Langfristig kann der sommergrüne Laubbaum deutlich über 20 m hoch werden. Das natürliche Alter endet bei etwa 100 Jahren.
An der glatten Ringelborke wird sie leicht erkannt. Auf der rot bis bräunlichen Rinde heben sich die waagerecht verlaufenden Korkwarzenbänder als charakteristisches Merkmal sichtlich ab.
Ihre oft starken Äste tragen geschmeidige Zweige. Daran sitzen auf 2 bis 4 cm langen Stielen grob-doppelt-gesägte, eiförmige, lindgrüne Blätter, die in einer längeren Spitze auslaufend enden. Am Blattansatz tagen sie Nektarien. Die Blätter erscheinen kurz nach der Blüte. Die Blüten wiederum kommen zu mehreren aus Kurzttieben.
Im Juli reifen die kleinen kugeligen glänzend schwarz-roten Steinfrüchte, die nur aus Kern zu bestehen scheinen, mit wenigen Millimetern dicken Fruchtfleisch umgeben. Der Herbst färbt die Blätter leuchtend rot, ein vollkommener Farbtupfer am Waldrand.

Vorkommen und Standort



Als Licht- bis Halbschattenbaum kommt die Vogelkirsche in frischen krautreichen Laubmischwald-Gesellschaften vor, von der Ebene über das Hügelland bis unge- fähr 1700 m hoch in den Gebirgen. Der Standort sollte tiefgründig und nährstoffreich sein. Kalkhaltige und mildhumose Lehmböden werden gern besiedelt. Sie vermehrt sich über den ab- gefallenen Kern, mehr noch durch Wurzelbrut.
An Waldrändern gedeiht sie gut, erhebt sich als Baum aus Hecken und Strauchpartien, wächst aber genauso auf aufgelassenen Kulturflächen der Landwirtschaft und des Weinbaus, als Pionierbaumart auf Schlägen, in Auewäldern.
Natürlich kommt die Vogelkirsche im Reinbestand höchst selten vor. Sie meidet stehende Nässe, Spätfrostlagen und saure Böden.

In Zentraleuropa findet man sie in Spanien, Frank reich, der Schweiz und Italien. Bis an die sibirische Westgrenze gehend, meidet sie den Norden, reicht andererseits über die Krim in den Kaukasus bis nach Kleinasien hinein und in den nordafrikanischen Raum. In Deutschland sind große Vorkommen in Südniedersachsen, im Rheinland, in Rheinland-Pfalz, Nord- und Mittelhessen, Franken, im Grabfeld und im Bodenseeraum bekannt.

Ökologie

Seit etwa 2500 Jahren wird die Wildform nicht nur wegen ihrer Früchte genutzt, sondern auch domestiziert. Alle Süßkirschenformen gehen züchterisch auf die Wildpflanze zurück, die in Griechenland lange vor unserer Zeitrechnung kultiviert wor- den sind. Über Rom brachten die Legionen sie mit über die Alpen. Kulturformen wurden aus diesen eingebürgerten Züchtungen weiterentwickelt. Aus unserer Küche und Konditorei sind sie nicht mehr wegzudenken.

Die Vogelkirsche wächst im Mischwald einzeln, in kleinen Trupps oder in Gruppen. Ihre frühe und reiche Blüte macht sie bei Imkern als Bienenpflanze sehr beliebt. Vögel bevorzugen die schnabelgerechte Form der Früchte und tragen zu ihrer Verbreitung bei - wenn Kleinsäuger dies erlauben.
Mäuse und der Kirschkernbeißer haben es auf den Inhalt der Kirschkerne abgesehen. Die Früchte werden auch von Marder, Fuchs, Dachs und Wildschwein aufgenommen, die den Samen (Kern) dadurch ebenfalls verschleppen. An jungen Trieben tut sich das Wild gütlich, an Trieben aus Wurzelbrut oder Stockausschlägen ebenso. Spechte bauen Höhlen, indem sie die Faulansätze bearbeiten, aus denen sie das angemorschte Holz herausmeißeln.

Das Sammeln und Verarbeiten der winzigen Früchte zu Marmeladen und Gelees, für den Aufgesetzten, für Liköre, Brände ("Kirschwasser") oder die eigene Weinherstellung ist nicht mehr überall üblich.
Wegen des gut zersetzbaren Falllaubs wird die Vogelkirsche geschätzt. Die Aufnahme durch Kleinlebewesen und deren Ausscheidung fördern den Boden und das Bodenleben.

Schäden und Gefahren


Freistellung von in Beständen eingewachsener Vogelkirsche vor allem mit eingeengter Krone fördert die Gefahr der Wasserreiserbildung und des Windwurfs, Gum- mifluss und Fäule durch falsche Astung oder Verletzung des Kambiums sind oft Folge von Unachtsamkeit.
Die Kirschfruchtfliege schädigt die Früchte, an den Blättern "arbeitet" die Kirschlaus. Wurzel- und Kernfäule, häufig schon im jungen Alter von 35 Jahren regeImäßig auftretend, kann die Stabilität und den (Ernte-) Preis beeinflussen. Meist läuft die Fäule nicht weit im Stamm hinauf: beschränkt sich faustbreit auf den inneren Kernbereich. Weitringig erwachsene Stämme scheinen dafür prädestiniert zu sein. Spätfrost in der Blüte kann den Fruchtertrag verhindern; Verbiß- und Fegeschäden kommen bei ungeschützter, künstlicher Bestandesbegründung regelmäßig vor ("Leckerbissen-Effekt"). Rehböcke bevorzugen Kirschen in Mischkulturen beim Gehörnfegen

Nachzucht durch Pflanzung


Wegen ihrer Seltenheit, der Belebung von Waldbeständen und der offenen Landschaft, bei Straßen- und Autobahnbegrünung werden Vogelkirschen zunehmend gepflanzt. Dabei ist auf ausgesuchtes Vermehrungsgut zu achten, das in guten Baumschulen meist problemlos zu haben ist - etwa als "Vermehrungsgut aus anerkannten Beständen" oder aus sogenannten "Kontrollzeichenherkünften".

Gepflanzt werden im Wald sowohl zweijährige Sämlinge oder bis dreijährig verschulte Pflanzen zwischen 0,80 bis 1,20 m Länge. Auf gut entwickelte Knospen und einwandfreie Pflanzen mit einem ausgebildeten Wurzelwerk ist zu achten. Empfohlen wird Anbau in Gruppen, gegebenenfalls Schutz, Kombination mit anderen verträglichen Hauptbaumarten und Beobachtung/Bejagung des Wildbestandes. Ästungen sollten nur von erfahrenen Waldbesitzern oder Waldarbeitern vorgenommen werden.

Als Züchtung für Parks und Landschaftsgärtnerei wird die gefüllt blühende Form der heimischen Vogelkirsche (Prunus avium ,Plena') verwendet. Chinesische und japanische Zierkirschen werden allerdings wegen Form- und Farbenvielfalt oft bevorzugt.

Kirschenholz ist begehrt

Kirschbaumholz der heimischen Vogelkirsche hatte unter den Edellaubhölzern immer schon seinen angestammten Platz. Seit Jahren hält es wieder einen der obersten Ränge und ist auf öffentlichen Verkäufen gesucht.
Das rasche Wachstum macht die Kirsche für Privatwaldbesitzer, speziell für den Kleinwaldbauern, interessant: Mit 50 Jahren hiebsreif, in interessanten Dimensionen, bringt sie immer hohe bis Spitzenpreise. Unter Lichteinfluss wandelt sich die Kernfarbe in einen rotgold-braunen warmen Farbton. Gelegentlich ins grünliche gehend, wird dies jedoch als "Fehler" gewertet und schlecht bezahlt.

Die gut erkennbaren Jahrringunterschiede, die verschiedenen Schnittebenen mit guter Textur und der feinen Faserung vermitteln neben der Holzfarbe ein schönes Bild. Bei zunehmendem Alter wechselt die Farbe beim verarbeiteten Holz mehr ins rötliche.

Mittelschwer und zäh, lässt sich das harte Kirschenholz trotzdem gut bearbeiten. Ablagerung oder geschickte Trocknung helfen, das natürliche Schwinden des Holzes zu verringern. Kirschenholz ist das typische "Innenholz", da es nicht wetterfest ist.

Hobeln und Polieren erzeugt die schönen glatten Flächen für den Möbelbau. Stühle, Sessel- und Sofalehnen aus massiver Kirsche geben wie Kleinmöbel ein gutes Wohngefühl. Aber die Innenraum-Mode folgt periodischem Wechsel.

Im Bergischen Land beispielsweise war die Kirsche lange die "Eiche des kleinen Mannes": Sitzbänke, Küchentische, Sekretäre, Kommoden, Schuh- und Kleiderschränke, Stühle, Truhen, Standuhrengehäuse, Messergriffe und Kleingerät zeugen von großer handwerklicher Kunst, einem Gefühl für Holz. Leider sind sie heute kaum bezahlbar. Stilmöbelbau (französische Vorbilder, Biedermeier), Furnierarbeiten, Drechslerware und Schnitzereien waren eine Domäne des Kirschbaumholzes. Für Intarsienarbeiten, Back- und Buttermodel nutzten die Verarbeiter Kirsche ebenso wie der Musikinstrumentenbau oder die Parkett- und Paneelhersteller.

Kirsche in der Volkskunde


Der Kirschbaum war Bestandteil der griechischen Mythologie und eng verbunden mit dem Fruchtbarkeitskult. Als Brauch heute hat sich erhalten, Barbarazweige (4. Dezember) zu schneiden, sie in einer Vase aufzustellen, damit sie Weihnachten blühen: Die Weihnachtsblüte bedeutet Glück für den Menschen und Fruchtbarkeit für die Ernte und das Vieh im neuen Jahr.

Kräutersegen, Absud aus Kirschenstielen bei Husten, Tee aus Kirschharz für die ableitenden Harnwege sind bekannt, ebenso Blütentherapien. Schon Hildegard von Bingen kannte Rezepturen, in denen Kirschkerne verwendet wurden; Kirschbaumrinde und Blattanwendungen gehören in die jüngere Zeit, wie Essenzen für die Blüten-Anwendungen.
Als Aphrodisiakum, Liebeszauber, Potenzmittel dienten Kirschzweige und -kerne noch im 18. Jahrhundert. Zum Heilen seelischer Schmerzen soll die "Wald-Kirsche" ebenfalls verwendet worden sein.
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